Projekt-Homepage: https://stiftung-naturschutz.landbw.de/bedeutung-von-linsenaecker-und-bluehflaechen
Die Artenvielfalt an Ackerwildpflanzen hat durch die Intensivierung stark abgenommen. Auslöser sind dafür unter anderem
erhöhter Herbizideinsatz und Gabe von Mineraldüngern. Aus diesem Grund ist auf ökologisch bewirtschafteten Flächen ein
höherer Artenreichtum zu beobachten. Gibt es Kulturen, die besonders artenreich sind? Sind auf einem ökologisch bewirtschafteten
Getreideacker mehr oder weniger Ackerwildkräuter als auf einem ökologisch bewirtschafteten Linsenacker?
Eine Studie der Hochschule für Wirtschaft und Umwelt (HfWU) hat mit Unterstützung der Stiftung Naturschutzfonds
Baden-Württemberg, gefördert aus zweckgebundenen Erträgen der GlücksSpirale, die Artenvielfalt auf Flächen der
Erzeugergemeinschaft „Alb-Leisa“ untersucht. Linsenäcker erweisen sich als besonders wertvoll für die
Biodiversität in der Agrarlandschaft. Verglichen mit Getreideäckern, Kleegras-Gemengen oder Brachen wurde auf Linsenäckern
eine höhere Artenzahl an Ackerwildkräutern gemessen. Auch der Deckungsgrad und die Dominanz der Ackerwildkräuter sind in
Linsenäckern höher (Pekrun et al., 2013).
Die hohe Artenvielfalt an Wildpflanzen auf Linsenäckern wurde von Gayer (2019) bestätigt. Unterschiede in der Artenvielfalt
zwischen verschiedenen Kulturen sind in dieser Studie vor allem auf die Bewirtschaftungsweise zurück zu führen (ökologisch
> konventionell). Linsenäcker erreichen ihr höchstes Blühangebot Mitte Juni (Abbildung 1). Insbesondere wenn Linsen
zusammen mit Leindotter als Stützfrucht angebaut werden, erreichen sie ein deutlich höheres Blühangebot als Getreidekulturen
des konventionellen oder ökologischen Landbaus. Somit erweitert der Linsenanbau die Verfügbarkeit von Nahrungsressourcen für
Insekten.
Abbildung 1: Mittleres (Mittelwert ± Standardfehler) Blühangebot (Deckungsgrad aller Blüten) der Kulturen zwischen Mitte Juni und Ende Juli (Untersuchungsjahr 2017). (Gayer, 2019; Abbildung 6)
Im Vergleich mit konventionellem Winterweizen, Blühflächen und ökologischem Dinkel wurden auf Linsenäckern die höchste Artenanzahl und die meisten gefährdeten Arten erfasst, wobei große Unterschiede zwischen den untersuchten Artengruppen auftraten (Ackerwildpflanzen, Laufkäfer, Spinnen, Tagfalter und Wildbienen) (Abbildung 2). Besonders für gefährdete Arten von Tagfaltern wie beispielsweise dem Hufeisenklee-Gelbling (Colias alfacariensis) bieten Linsenäcker einen geeigneten Lebensraum. Somit haben sie auch innerhalb ökologisch bewirtschafteter Kulturen eine wichtige Bedeutung insbesondere für blütenbesuchende Insektengruppen wie Tagfalter und Wildbienen. Für diese Artengruppen wirkt sich vor allem der Blühaspekt positiv aus, daher treten blütenbesuchende Insekten vor allem in Blühflächen und Linsenäckern mit einer hohen Anzahl an Individuen und Arten auf (Gayer, 2019).
Abbildung 2: Absolute Anzahl gefährdeter und potentiell schutzbedürftiger Arten nach Roter Liste Deutschlands für die fünf untersuchten Artengruppen in den vier Untersuchungskulturen.(Gayer, 2019, Abbildung 26)
Die vollständigen Projektberichte finden Sie unter:
Die Linse bildet bei entsprechenden Umweltbedingungen weiter Blüten und Hülsen – ihr Wachstum ist indeterminiert. Dadurch können sich unterschiedlich reife Hülsen an der Pflanze befinden, was den Drusch erschwert. Aus diesem Grund werden vielerorts auf die Sikkation zurückgegriffen. Dabei werden Herbizide wie beispielsweise Glyphosat eingesetzt, um die Abreife einzuleiten. In Deutschland ist die Sikkation bei Linsen verboten.
Das Chemischen und Veterinäruntersuchungsamt Stuttgart (CVUA) hat Linsen-Proben auf Rückstände von Pflanzenschutzmitteln getestet. Die Proben stammten größtenteils aus dem Ausland. Im Jahr 2011 wurde bei 45,5 % (15 von 33) der Linsen-Proben Glyphosat über der Nachweisgrenze gemessen (Kolberg et al. 2011, Schnaufer 2011). Darunter waren sowohl Proben aus konventionellem als auch aus ökologischem Anbau. Bei weiteren Proben aus konventionellem Anbau, die seit 2012 gemessen wurden, lag der Anteil der positiv auf Glyphosat getesteten Proben nur noch bei 12 % (4 von 33) (Scherbaum, pers. Kommunikation). Keine der Proben lag über der heute gültigen gesetzlichen Rückstandshöchstmenge von 10 mg/kg für Glyphosat. Dieser Grenzwert1 gilt seit 2012 durch Inkrafttreten Verordnung Nr. 441/2012 der EU-Kommission, die die Änderung der Anhänge der Verordnung 396/2005 festlegt.
Neben Glyphosat wurden die Linsen-Proben vom CVUA auf weitere Rückstände von Pflanzenschutzmitteln getestet. Im konventionellen Anbau waren 16% der im Jahr 2011 getesteten Proben frei von Rückständen (Schnaufer 2011). Bei weiteren Untersuchungen seit 2012 stieg der Anteil rückstandsfreier Proben aus konventionellem Anbau auf 24% der Proben (Scherbaum pers. Kommunikation). Dabei wurden teilweise auch mehrere Wirkstoffe auf einer Probe nachgewiesen. Bei Linsen aus dem Ökolandbau lag der Anteil rückstandsfreier Proben mit 62 % deutlich höher (Scherbaum, pers. Kommunikation). Trotz nachgewiesener Rückstände, kam es bei nur einer Probe aus dem ökologischen Anbau zur Überschreitung der zulässigen Höchstmenge. Die Überschreitung betraf den Stoff Phosphin (Scherbaum pers. Kommunikation, Wieland 2019). Die Begasung mit Phosphorwasserstoff wird im Vorratsschutz angewendet. Diese Methode ist allerdings für Ökoprodukte nicht zulässig- entsprechend wurden die Linsen beanstandet (Wieland 2019).
1 Rückstandshöchstmengen (Maximum Residue Limits - MRL) von Pflanzenschutzmittel zum Schutz der Konsumenten gelten europaweit einheitlich basierend auf der Verordnung Nr. 396/2005.
Die vollständigen Veröffentlichungen finden Sie unter:
Kolberg D., Wildgrube C., Wieland M. Wolheim A., Bauer N., Scherbaum E. 2011: Residues of Pesticides in Lentils- Glyphosate and what else? Online auf EU Reference Laboratories for Residues of Pesticides. https://www.eurl-pesticides.eu/library/docs/srm/EPRW_2012_PM_031_Lentils.pdf
Schnaufer R. 2011: Pestizidrückstände in Hülsenfrüchten inklusive des Herbizids Glyphosat (März 2011-Mai 2011). Online auf Baden-Württemberg, die Untersuchungsämter für Lebensmittelüberwachung und Tiergesundheit. https://www.ua-bw.de/pub/beitrag.asp?subid=1&Thema_ID=5&ID=1436&Pdf=No&lang=DE
Wieland M. 2019: Ökomonitoring 2018 – Ergebnisse der Untersuchungen von Lebensmitteln aus ökologischem Anbau. Online auf Baden-Württemberg, die Untersuchungsämter für Lebensmittelüberwachung und Tiergesundheit. http://www.untersuchungsaemter-bw.de/pdf/oekomonitoring2018_langfassung.pdf
In Deutschland werden Linsen hauptsächlich im Gemenge mit Getreide angebaut. Aber auch andere Gemengepartner sind möglich. Wichtig dabei sind die gleichzeitige Abreife, Stützwirkung und Unkrautunterdrückung. An der Universität Hohenheim wurden 2015 halbblattlose Erbsen als Gemengepartner für Linsen getestet und mit Hafer als Gemengepartner und Linsen bzw. Erbsen als Reinsaat verglichen.
Sowohl im Gemenge mit Erbsen, als auch mit Hafer, erreichten die Linsen eine bessere Unkrautunterdrückung, geringere Lagerneigung und eine höhere Bestandeshöhe im Vergleich zur Linsen-Reinsaat. Diese Eigenschaften erweisen sich vorteilhaft für die Ernte. Auch die Produktivität pro Fläche Ackerland nimmt durch Gemenge im Vergleich zur Linsen-Reinsaat zu.
Zwar zeigt ein Gemenge mit Hafer hinsichtlich Unkrautunterdrückung und Produktivität Vorteile im Vergleich zu Erbsen, allerdings ist die potentiell höhere Stickstofffixierleistung eines Linsen-Erbsen-Gemenge positiv zu bewerten. Außerdem vereinfacht ein reines Leguminosen-Gemenge die Einhaltung von Anbaupausen zwischen Leguminosen und kann deshalb sinnvoll für die Planung der Fruchtfolge sein.
Die Ergebnisse zum Feldversuch finden Sie hier: